Hofgut Oberfeld – Landwirtschaft in Bürgerhand

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„Darauf sind wir stolz“

Das Hofgut will nicht nur nur ein landwirtschaftliches Projekt sein, das betriebswirtschaftlich funktioniert, sondern auch eine gesellschaftliche und naturpädagogische Initiative. Auch für den Tierschutz gab es bereits einen Preis des Landwirtschaftsministeriums. Archivbild: Guido Schiek

Die Darmstädter kommen gerne zur Domäne Oberfeld, um ein wenig Landluft zu schnuppern und Landleben zu genießen. Das Besondere: Hier sind die Bürger Eigentümer. Der landwirtschaftliche Betrieb auf dem Hofgut Oberfeld ist seit 2007 eine Aktiengesellschaft. Das Hofgut mit dem Gutshaus, der Remise, den Ställen, Wiesen und Obstbäumen ist ein idyllischer Ort. Und als Unternehmen gilt es als Erfolgsmodell mit Vorzeige-Charakter. Was hier entstanden ist, sehen viele als Paradebeispiel eines gelungenen Gemeinschaftsprojektes, entstanden aus bürgerschaftlichem Engagement, das sich für ökologische Landwirtschaft, Naturschutz, Inklusion, Denkmalschutz und ein naturnahes pädagogisches Angebot einsetzt. Heute arbeiten dort übrigens wieder ungefähr so viele Menschen wie vor hundert Jahren.

Und das kam so: 2006 hatte sich eine bunt gemischte Bürgerinitiative zur Rettung des Hofguts zusammengefunden. Sie gründeten eine Stiftung, zu der die Initiative Domäne Oberfeld, das Projekt Lebensweg, ökologische Landwirte sowie weitere Stifter gehörten, und kauften das Anwesen vom Land.

Doch Kraft, Know-how und langfristige Investitionen waren notwendig um daraus einen vielfältigen biologisch-dynamischen Betrieb mit Verarbeitung und Vermarktung aufzubauen. Um das zu schaffen, gründeten Bürgerinnen und Bürger mit Landwirten eine kleine Aktiengesellschaft: Aus einer Bürgerinitiative entstand so ein Bürgerunternehmen. 31 Gründerinnen und Gründer, gleichsam Aktionärinnen und Aktionäre, brachten nicht nur Eigenkapital ein, sondern auch ihr Wissen aus den verschiedensten Berufen.

Inzwischen beteiligen sich etwa 130 Menschen an dem Unternehmen, das mit einem Eigenkapitalanteil von rund 50 Prozent eine stabile Basis auch für zukünftige Entwicklungen besitzt. „Jeder der Aktionärinnen und Aktionäre steht für 10 000 Quadratmeter Land, in dessen Ackerkrume sich 100 Tonnen Humus befinden, sowie für zwei Obstbäume und drei Saisongärten, zehn Hühner, ein Rind und zwei Gänse“, heißt es auf der Homepage. Auf ganz konkrete Art und Weise übernehme das Bürgerunternehmen mit allen Beteiligten die Verantwortung für das Zusammenwirken von Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen an einem Ort.

Seit 2006 betreibt die ehemalige Staatsdomäne Hofgut Oberfeld Bio-Ackerbau. Seither ist viel passiert: Zum vormals reinen Ackerbaubetrieb kam Tierhaltung (Kühe, Hühner, Gänse) hinzu. Getreide und Milch werden in eigener Bäckerei und Käserei weiterverarbeitet und über einen Laden und ein Café direkt vermarktet. Auf den Feldern wurden Flächen für Saisongärten geschaffen (siehe Artikel unten). Nirgends in Hessen soll es so viele Saisongärten geben. Die Zahl hat sich seit 2010 auf 500 verzehnfacht. Und es wird weiter allerhand geplant.

Das Hofgut will mehr sein als nur ein landwirtschaftliches Projekt, eine ökologische Landwirtschaft, die auch betriebswirtschaftlich funktionieren soll, sondern auch eine soziale, gesellschaftliche und naturpädagogische Initiative. Die Hofgut Oberfeld Landwirtschaft AG wurde 2016 mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet für ihr Konzept des Bürgerunternehmens. Vom hessischen Landwirtschaftsministerium wurde der Betrieb zudem schon mit einem Spitzenplatz im „Tierschutz in der Landwirtschaft“ gewürdigt. Das Hofgut ist ein Ort der Begegnung, mit der Landwirtschaft als Grundlage. „Und darauf sind wir stolz“, sagen die Verantwortlichen. Ihr Credo lautet: „Richtig gute Lebensmittel entstehen nicht, indem man Arbeit „spart“, sondern indem man sie an der richtigen Stelle einsetzt und dabei die Bedürfnisse anderer Menschen erfüllt.“ (kow/red)

Hofladen, Hofcafé und Saisongärten

Landwirtschaft zum Mitmachen und Anbeißen

Im Hofladen locken Käse, Joghurt, Quark, Milch, Brot, Fleisch, Wurst, Eier, Obst und Gemüse alles aus ökologischer oder biologisch-dynamischer Erzeugung. Fast 100 Käsesorten werden in der Käsetheke angeboten, viele davon aus der eigenen Hofkäserei. Die Bio-Fleischtheke ist der ganze Stolz mit hofeigenem Rind- und Kalbfleisch, Wurst und Schinken nach „Hausmacher Art“, dazu einige erlesene Spezialitäten aus Italien, Frankreich und Spanien. Und extra-frische Eier, manchmal noch nestwarm. Von Artischocken bis Zuckerhut gibt es das ganze Jahr eine große Gemüsevielfalt im Angebot, der Großteil davon auch im Winter von Kollegen in unmittelbarer Nähe. Geöffnet ist Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 19 Uhr und Samstag von 9 bis 16 Uhr.

Ab Juni ist das Hofcafé wieder geöffnet. Im Café summt und brummt es, sobald die Sonne rauskommt. Die Gäste genießen selbst gebackene Kuchen, Limonaden und Espresso-Spezialitäten aus fair gehandeltem Kaffee. An manchen Tagen wollen so viele Menschen eine kleine Auszeit im Hof-Café genießen, dass sich an der Kuchentheke lange Schlangen bilden.

Einen eigenen Garten zu haben und selber Gemüse anbauen – diesen Wunsch haben viele. Im Hofgut ist möglich: Für jeweils eine Saison kann man hier einen eigenen Gemüsegarten bewirtschaften. Die Gartenparzellen bereiten die Profis so vor, dass es gleich losgehen kann: Der Boden ist bearbeitet und mit rund 15 verschiedenen Saaten und Jungpflanzen bestellt – zu ergänzen nach den persönlichen Vorlieben der über 500 Aktiven, die von Mai bis ins neue Jahr die weitere Pflege „ihrer“ Parzelle übernehmen: Gießen, jäten, hacken – und natürlich ernten.

Übrigens: Auf dem Blumenfeld zum Selbstpflücken werden über 60 Blumenarten und Gräser biologisch-dynamisch angebaut. 200 Obstbäume gibt es auf der Hofstelle und auf dem Oberfeld. Auch Führungen für Gruppen sind möglich. Zum Hofgut Oberfeld fahren die Buslinien RH, GB und MO1 direkt bis vor das Hoftor. (red)

Fragen beantwortet Thomas Goebel per E-Mail unter th.goebel@landwirtschaft-oberfeld.de

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