Helmut Breithaupt ist Kenner der im Odenwald erzeugten Erntehelfer

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Mobile und Maschinen aus Michelstadt

Ensinger-Schlepper starten zu einer Ausfahrt. Foto: Michel Lang

Ab 1883 wurden im seit 1554 bestehenden Hüttenwerk Landmaschinen produziert. Im 17. Jahrhundert hatte ein Vorfahre der späteren Schlepperschmiede von Christian Ensinger das Werk gepachtet. In der neuen Zeit wurden dann „Schwerter zu Pflugscharen“, denn die Produktion von Kanonen und anderem eisernen Kriegsgerät geriet in den Hintergrund.

Um das Jahr 1907 verlegte man sich auf Maschinen zum Schneiden von Zuckerrohr. Einer der größten Erfolge des Betriebes war kurz vor dem Ersten Weltkrieg mit über 30.000 Exemplaren die „Motor-Dreschmaschine HM 52“, die über eine Transmissionsscheibe angetrieben wurde. Dies legen Wolfgang H. Gebhardt und Heinrich Lauser in der Zeitschrift „Der Schlepperfreund“ anschaulich dar. Hinzu kamen Strohpressen, Schrotmühlen und Bandsägen. In einem Intermezzo mussten dann Granaten und Gepäckwagen für die Kriegsmaschinerie hergestellt werden. Nach der Kapitulation wurde es wieder zivil im Werk. Jauchepumpen und Ackerwalzen konnten den Bauern geliefert werden. „Insbesondere die Produktion von Dreschmaschinen machte das Werk im ganzen Deutschen Reich bekannt“, schreiben die Autoren. „Ostpreußen“ oder auch „Rheingold“ waren damals bekannte Namen.

Stolzer Besitzer einer Dreschhexe aus dem Jahr 1933 ist Helmut Breithaupt, Archivar des Hüttenwerk-Wissens, aus Asselbrunn. Stolze 300 Stück dieser Hexen mussten pro Monat gebaut werden und machten das Produkt zum Verkaufsschlager. Für Siedler und Kleinbauern war sie die ideale Helferin, schaffte die hurtige Hexe mit ihren zwei Pferdestärken doch vier Zentner Getreide in der Stunde. Sie wurde in einer eigenen Montagehalle in Serie gefertigt. „Ein Motorbreitdrescher, wie der der Marke ‚HM 52‘ ist für mittlere und große Einzelbetriebe wie auch für genossenschaftliche Verwendung und Lohndrusch geeignet“, verkündet ein Sonderdruck der in München erscheinenden Zeitschrift für Landmaschinen´ aus dem Jahr 1933.

Zur Dreschhexe meint das Blatt: „Betriebswirtschaftlich entspricht die Dreschhexe auch darin allen Anforderungen, daß sie mit Fahrrollen oder mit Fahrrädern gebaut wird…“ Es wurden 14 unterschiedliche Dreschmaschinen gefertigt. Im Tonfall jener Zeit wird Michelstadt gelobt:

„Wenn man dieses ‚Rothenburg des Hessenlandes‘ seiner Reize mittelalterlicher Baukunst bisher nur kunsthistorisch gewürdigt hat, so zeigt sich doch, daß diese ‚Stadt der Starken und Soliden‘ auch durch seinen Gewerbefleiß neuzeitliche Tugenden in sich birgt und pflegt.“ Stimmt, kommen doch die Hüttenwerk-Raupen und die Ensinger-Schlepper sowie manch Kleingerät hinzu. Vieles davon ist auf dem Festival zu bestaunen. Die Dreschhexe wird samstags und sonntags kein leeres Stroh dreschen, sondern von einem Ensinger-Schlepper angetrieben, ihre Arbeit verrichten. Sollten Besucher Bilder von der Dreschhexe bei der Feldarbeit oder einem Ensinger-Traktor haben, wird darum gebeten, diese mitzubringen. mil
   

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